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Was wäre, wenn man ein IT-Produkt für ein neues Geschäftsmodell innerhalb von nur wenigen Tagen entwickeln und nutzen könnte? Was wäre, wenn sich dieses Produkt als ein leicht anpassbares Werkzeug erwiese, mit dem man die digitalen Anforderungen an ein Energieversorgungsunternehmen flexibel meistert? MICRES, kurz für Micro Energy Service, ist ein Forschungsprojekt des Instituts für Digitalisierung Aachen (IDA) an der Fachhochschule Aachen, das sich exakt mit diesem Thema beschäftigt – genauer gesagt, mit der „Vermeidung von Dateninkonsistenz & Sicherung der Performance dezentral ausgeführter Geschäftsprozesse in der Energiewirtschaft“.

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Quelle: iStock

Gefördert vom BMWi Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Energie (jet­zt: BMWK Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Kli­maschutz) sowie in Koop­er­a­tion mit der ene’t GmbH, Hück­el­hoven, wird hier mehr als nur an ein­er Idee gear­beit­et: Es entste­ht eine Lösung, die Soft­wa­reen­twick­ler und ‑anwen­der, Energie­di­en­stleis­ter und ‑ver­sorg­er zusam­men­bringt und ihnen die Koop­er­a­tion erle­ichtert. Ein Name für diese inno­v­a­tive Lösung ist bere­its gefun­den: com​pose​.IT.

Hin­ter­grund und Aufgabenstellung

Energiev­er­sorgung­sun­ternehmen unter­liegen einem mas­siv­en Wan­del. Aus ehe­mals reinen Energieliefer­an­ten entste­hen mul­ti­funk­tionale Akteure, die sich The­menge­bi­eten wie der E‑Mobility bis zum Car Shar­ing, dem Smart Home und sog­ar der Telekom­mu­nika­tion wid­men. Kraftwerke wer­den virtuell wie auch dig­i­tale Ser­vices, ins­beson­dere in der Cloud, immer mehr zunehmen. Die Energiev­er­sorg­er diver­si­fizieren entsprechend, lagern Prozesse aus, entwer­fen neue Geschäftsmod­elle und agieren dynamis­ch­er sowie kundenorientierter. 

So weit, so gut, so schwierig! Denn mit der Vielfalt und dem Leis­tungs­druck steigen auch die Anforderun­gen an eine funk­tion­ierende und zugle­ich wand­lungs­fähige IT-Struk­tur. Behäbige Mono­lithen in den Soft­ware-Land­schaften, wie sie oft noch gang und gäbe sind, dienen aus und machen Platz für flex­i­ble Sys­teme. Diese jedoch mustergültig aufzubauen und zu orchestri­eren – inner­halb möglichst kurz­er Zeit, mit sicher­er Kom­pat­i­bil­ität und zu akzept­ablen Kosten – ist eine große Herausforderung.

Die Lösung

Die Forschungspart­ner FH Aachen und ene’t haben sich dazu eine agile Plat­tform für die Energiewirtschaft zum Ziel geset­zt. com​pose​.IT ist vieles zugle­ich: Zer­ti­fizierungsstelle und Ser­vice-Repos­i­to­ry, Prozess-Mod­el­lier­er und ‑Mon­i­tor. Über die Plat­tform kön­nen Auss­chrei­bun­gen erfol­gen und Sta­tis­tiken erstellt wer­den. Dabei dienen alle Funk­tio­nen einem zen­tralen Zweck: Den Soft­ware­profis die Entwick­lung und das Ange­bot neuer flex­i­bler App­lika­tio­nen im Markt zu erle­ichtern und den Energiev­er­sorg­ern einen Kat­a­log aus gesicherten, zer­ti­fizierten Pro­duk­ten an die Hand zu geben, auf den sie jed­erzeit zugreifen kön­nen. Die sichere Kom­binier­barkeit der App­lika­tio­nen, die über com​pose​.IT entste­hen und ver­bre­it­et wer­den, garantiert der Stan­dard der BO4E. Er ermöglicht, dass die Soft­ware­pro­duk­te ganz ohne indi­vidu­elle Schnittstellen prob­lem­los miteinan­der verknüpft und Dat­en mul­ti­di­rek­tion­al aus­ge­tauscht wer­den können.

Wie die Pro­duk­tkom­po­si­tion mit com​pose​.IT im Detail funktioniert? 

Stellen wir uns eine Schritt-für-Schritt-Soft­warein­no­va­tion zur Leis­tungsabrech­nung“ – ein­er Stromberech­nung an Ver­brauch­er o. Ä. – in vere­in­fachter Form vor: 

Schritt 1: Ein energiewirtschaftlich­es Unternehmen plant zum The­ma Leis­tungsabrech­nung ein neues Produkt. 

Schritt 2: Das Unternehmen mod­el­liert dazu zunächst einen Geschäft­sprozess und erstellt ein Ablauf­di­a­gramm mit allen fach­lichen Kom­po­nen­ten – in diesem Fall mit den Ele­menten Ver­brauch und Tar­ifer­fas­sung“, Kosten­berech­nung“ und Koste­naus­gabe“ sowie mit deren Verbindun­gen via Ein- und Ausgabedaten.

Leistungsabrechnung

Abb.: Mod­ell ein­er Leis­tungsabrech­nung“: Es zeigt, aus welchen fach­lichen Kom­po­nen­ten der Geschäft­sprozess beste­ht und wie diese miteinan­der ver­bun­den sind. Die Mod­el­lierung ist die Basis für die darauf­fol­gende Auswahl konkreter Softwarebausteine.

Schritt 3: Jet­zt ord­net das Unternehmen den fach­lichen Kom­po­nen­ten die passenden Soft­ware­bausteine aus einem App­lika­tion­sspe­ich­er (Ser­vice Repos­i­to­ry) zu. Dieser Spe­ich­er wurde zuvor von diversen Soft­ware­herstellern mit ihren Pro­duk­ten gespeist. Die Bausteine wer­den nun noch aneinan­dergekop­pelt: Fer­tig ist die neue Soft­ware­an­wen­dung! Sollte es Inkon­sis­ten­zen in dieser Mod­el­lierung geben, z. B. durch unpassende oder fehlende Dat­en, fall­en diese in der Automatik von com​pose​.IT sofort auf und kön­nen behoben wer­den. Die neu kom­ponierte Soft­warelö­sung funk­tion­iert ein­wand­frei, weil aus­nahm­s­los alle enthal­te­nen App­lika­tio­nen BO4E-kon­form und somit kom­pat­i­bel sind.

Schritt 4: Das Unternehmen platziert seine Inno­va­tion nun sein­er­seits auf com​pose​.IT als Teil des App­lika­tion­sspe­ich­ers und die Ver­mark­tung kann begin­nen. Dem Anspruch nach kon­se­quent offe­nen Stan­dards entsprechend, ist die neue Lösung auf jed­er BPMN-kom­pat­i­blen Process Engine ausführbar.

Zitat

com​pose​.IT basiert auf offe­nen Stan­dards. Nur diese ermöglichen eine agile Kom­po­si­tion von Soft­waresys­te­men und sind der Weg­bere­it­er in eine IT-Welt, die inno­va­tions­freudig und flex­i­bel ist.“

Prof. Dr. rer. nat. Bodo Kraft, Direk­tor des Insti­tuts für Dig­i­tal­isierung Aachen (IDA) an der Fach­hochschule Aachen

Bodo kraft

com​pose​.IT im Überblick

Dat­en und Fakten:

  • Teil des Forschung­spro­jek­ts MICRES (Micro Ener­gy Ser­vice) des Insti­tuts für Dig­i­tal­isierung Aachen (IDA) an der Fach­hochschule Aachen
  • Koop­er­a­tionspart­ner aus der Wirtschaft: ene’t GmbH, Hückelhoven
  • Gefördert durch das Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Kli­maschutz (BMWK)
  • Pro­jek­t­laufzeit: Juli 2022 – Juni 2024
  • Finanzvol­u­men gesamt: rd. 660.000 €, davon 440.000 € aus öffentlich­er Hand

Vorteile:

  • Ready to go“-Plattform für Soft­ware-Her­steller und ‑Anwen­der (EVUs): Ein neues Pro­dukt in 5 Tagen!“
  • Fach­liche Mod­el­lierung mit Kon­sis­ten­zprü­fung bere­its in früher Phase
  • Mark­tüber­sicht aller ver­füg­baren Soft­ware­bausteine und deren Hersteller
  • Kom­po­si­tion neuer Soft­ware­an­wen­dun­gen durch Auswahl und Zuord­nung beste­hen­der Produkte
  • BO4E-kon­form: Kommt ohne pro­pri­etäre Schnittstellen aus und sorgt für leichte Integrierbarkeit
  • Trans­par­ent und offen: Kann in BPMN-Process-Engine prob­lem­los aus­ge­führt werden 

Pro­jek­t­part­ner:

  • FH Aachen
  • ene’t GmbH, Hückelhoven
  • mit Unter­stützung des BMWK Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Klimaschutz

Stand: Juni 2023

Mini-Glossar

Aus­ge­suchte Fach­be­griffe aus diesem Beitrag all­ge­mein­ver­ständlich erk­lärt (in alpha­betis­ch­er Reihenfolge)

    • BPMN

      Abkürzung für „Business Process Modeling Notation“. BPMN ist eine Modellierungssprache bzw. beschreibt eine Methode und die dazugehörige Symbolik, mit der die einzelnen Schritte eines geplanten Geschäftsprozesses grafisch dargestellt (aufgezeichnet) werden.

    • Process Engine

      Eine Process Engine (auch Workflow Engine) ist eine Applikation, welche die (reine) Steuerung der Prozessausführung übernimmt. Die auszuführenden Prozesse müssen daher im Vorfeld entsprechend definiert werden, damit die Engine alle Aktivitäten abarbeiten kann. Hierzu werden i. d. R. Modellierungssprachen wie BPMN verwendet.

    • Process Modeller (Prozessmodellierung)

      Tool zur Erstellung von (Geschäfts-)Prozessen. Services und Softwarebausteine werden ausgewählt und die Reihenfolge der Ausführung festgelegt. Als „Output" liefert der Process Modeller einen BPMN-String, der von einer "Process Engine" ausgeführt werden kann.

    • Service Repository (auch Applikationsspeicher)

      Datenbank zur systematischen Ablage von (Web-)Services und Softwarebausteinen. Im Rahmen der Prozessmodellierung werden Services aus dem Service Repository ausgewählt und die Reihenfolge, in denen diese ausgeführt werden, festgelegt.

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